Kinder- und Jugendsport in Island

Tilla hatte als Übungsleiterin die Möglichkeit, viele Erfahrungen im Kinder- und Jugendsport in Island zu sammeln.

Hier ist ihr sehr interessanter Bericht:

„New Approaches inYouth Sports -

Children at the centre of development“ –

Als Übungsleiterin mit Erasmus+ nach Island
Dass man als Übungsleiterin sogar auf Reisen jede Menge lernen kann, durfte ich, Tilla, diesen
Herbst erleben: Über das Erasmus+-Programm konnte ich für zwei Wochen nach Island reisen –
und kehre mit einem Rucksack voller neuer Ideen, spannender Eindrücke und großer Dankbarkeit
für all die Erfahrungen und Unterstützung auf dem Weg zurück.
Der Weg nach Island:
Inspiriert von einer Sportpsychologie-Vorlesung im letzten Jahr wollte ich neue Ansätze nicht nur
theoretisch kennen, sondern auch praktisch erleben. Doch wie umsetzen? Ohne konkreten Rahmen
fehlte mir der Einstieg – bis Johanna, langjährig engagiert bei „Jugend für Europa“, unserer
Trainingsgruppe das Erasmus+-Programm vorstellte. Ich war sofort begeistert!
Dank ihrer Unterstützung und der Hilfe meiner Professorin, die mich mit Kontakten versorgte,
bekam ich eine Zusage von Daði – der später mein Gastgeber in Island wurde. Daði war meine gute
Seele vor Ort: Er stellte Kontakte her, unterstützte mich bei der Organisation und war mein täglicher
Ansprechpartner.
In wenigen Monaten stellten wir gemeinsam das Projekt auf die Beine. Auch viele
Vereinskolleg:innen halfen tatkräftig mit: Kathrin übernahm als Schatzmeisterin den finanziellen
Part, Gregor und Anni begleiteten die Vereinsakkreditierung, und Johanna war unschlagbar beim
Papierkram. Umso größer war die Freude, als die Zusage von Erasmus+ kam – und das Abenteuer
Island beginnen konnte!
Ende September ging’s los – mit dem Zug nach Hamburg, weiter nach Hirtshals und schließlich drei
Tage auf der Fähre nach Island. Genug Zeit, um mich mental auf die Reise einzustimmen.
Sport für alle – neue Perspektiven im Kinder- und
Jugendsport
Erste Station: Egilsstaðir im Osten Islands. Eigentlich sollte es direkt nach Kópavogur zu meiner
Partnerorganisation gehen, doch der Bus fährt dort nur zweimal die Woche… das gehört wohl auch
zu Island! Aber Daði organisierte kurzerhand, dass mein Programm direkt in Egilsstaðir starten
konnte – inklusive erster Einblicke in Basketball, Gymnastik und Gesprächen mit Trainer:innen. Es
wurde sofort deutlich: Hier wird Sport ganz anders gedacht!
Besonders spannend fand ich das isländische Programm „Everyone Together“: Kinder können dort
für einen festen, vergünstigten Preis verschiedene Sportarten ausprobieren – ganz ohne frühzeitige
Spezialisierung. Die Folge: mehr Vielseitigkeit, mehr Bewegung, mehr Motivation. So verzeichnet
etwa der Gymnastikverein, den ich besuchte, inzwischen deutlich mehr Jungs unter den
Mitgliedern.
Auch finanziell geht Island neue Wege: Die Regierung unterstützt die Sportbeteiligung aktiv –
durch direkte Zuschüsse, die unkompliziert beim Mitgliedsbeitrag abgezogen werden. All das ist
Teil des „Icelandic Prevention Models“, das davon ausgeht, dass Vereinsaktivität Kinder in vielen
Lebensbereichen stärkt – von Suchtprävention bis mentaler Gesundheit. Ein Thema, das mich nach
meiner Vorlesung besonders interessiert hat.
Reykjavik:
Schließlich fuhr ich mit dem Bus weiter nach Reykjavik. Eine Fahrt bis in die Nacht, auf der ich auf
dunkler Straße sogar nochmal besonders gut die Nordlichter bestaunen konnte!
Ich besuchte vor Ort dann zuerst die Sports School for Young Kids (ja, viele beginnen dort bereits
mit 3 Jahren im Verein!) und traf endlich Daði persönlich. Gemeinsam erkundeten wir die Stadt,
tranken Kaffee, aßen Gebäck, tauschten uns aus – und ich fühlte mich sofort willkommen.
Auch der freie Sonntag war „very Icelandic“: Schwimmen im geothermisch beheizten Freibad mit
Meerwasser Hot tubs und danach – wie es sich wohl gehört – Eiscreme und Hotdogs (gibt‘s auch in
vegan). Selbst bei 6 Grad und Regen.
Die neue Woche begann dann direkt mit einem spannenden Besuch bei Breiðablik. Auf dem
Programm standen unter anderem Einheiten im Bereich Athletik und Basketball – und das mit
Sportler:innen aus unterschiedlichen Altersklassen. Am Abend besuchte ich dann ein Fußballspiel
der Frauenmannschaft des Vereins, während dem ich auch Úlfar Hinriksson kennenlernen durfte. In
verschiedensten Trainer- und Vorstandsfunktionen konnte er mir mehr über die Strukturen und
Philosophie des großen Vereins erzählen.
Natürlich durfte auch ein Austausch mit Daði nicht fehlen, der bei Breiðablik langjährig engagiert
ist. Zum Beispiel über die Philosophie des Clubs: „Keep as many as possible for as long as possible
under the best conditions possible“. Ein inklusives Vereinskonzept, das Raum für alle schafft –
unabhängig von Leistungsstand oder Hintergrund. Dieses Denken zieht sich durch alle Abteilungen
und Altersgruppen.
Er gab mir außerdem spannende Einblicke in das von ihm ins Leben gerufene MK Dual Career
Programm, das jungen Talenten zwischen 16 und 20 Jahren ermöglicht, ihre sportlichen
Ambitionen mit einer fundierten Ausbildung zu verbinden. Seit der Gründung vor sechs Jahren hat
sich das Programm zu einer echten Erfolgsgeschichte entwickelt: Absolvent:innen erhalten
internationale Stipendien, unter anderem an renommierten Universitäten wie Harvard, und feiern
Erfolge in verschiedensten Sportarten weltweit. Gleichzeitig liegt ein starker Fokus auf der
Prävention – z. B. durch regelmäßige Physiotherapie-Schulungen und eine ganzheitliche Betreuung
der Jugendlichen.
Auch das Gespräch mit Margrét Guðmundsdóttir von Planet Youth war inhaltlich sehr bereichernd.
Sie stellte mir das isländische Präventionsmodell vor, nach dem die Organisation arbeitet. Ziel ist
es, Kinder und Jugendliche in ihrer gesamten Lebensumwelt zu stärken – und dabei spielen
Sportvereine eine zentrale Rolle. Während früher vor allem Alkohol- und Drogenprävention im
Fokus stand, liegt heute ein wachsendes Augenmerk auf Themen wie mentale Gesundheit und der
verantwortungsvolle Umgang mit Medien – ein Thema, das mich besonders interessiert, auch vor
dem Hintergrund meiner Sportpsychologie-Vorlesungen.
Beim Verein HK ging’s tiefer in die sportpsychologische Praxis: Eysteinn Hauksson, ein
Cheftrainer mit besonderem Fokus auf Mentalität, Ansätze wie „Flow“ und positive Verstärkung
gab mir einen beeindruckenden Einblick in seine Arbeit. Besonders blieb mir ein Zitat von Ragnar
im Kopf, dem ehemaligen Cheftrainer: „Wenn von 80 Kindern zwei zu Spitzensportler:innen
werden – super. Aber was ist mit den anderen 78? Um die geht es doch! Der wahre Erfolg ist, wenn
wir gute Menschen und Teams formen. Der Spitzensport ist immer nur der Bonus.“
Am Freitag und Samstag besuchte schließlich ich Gerpla, einen renommierten Gymnastikverein, in
dem die Trainingseinheiten an den beiden Tagen gut und gerne 5 Stunden dauern! Und wo bleibt da
der isländische Ansatz? Die Antwort einer Übungsleiterin bleibt mir in Erinnerung: „Ich glaube,
was unseren Verein besonders macht, ist, dass sich hier jede:r gesehen fühlt. Jede:r zählt.“
Den krönenden Abschluss meines Programms bildete der Besuch des Fußballspiels zwischen der
isländischen Nationalmannschaft und der Ukraine am Freitagabend. Ein volles Stadion, eine
mitreißende Atmosphäre – und: der legendäre Viking Clap. Diese einzigartige Stimmung einmal
live zu erleben, war absolut beeindruckend. Die ganze Tribüne im Takt, tausende Hände in der Luft,
der Rhythmus, die Energie – ein Moment, der zeigt, welchen Stellenwert der Fußball hier hat und
wie stark die emotionale Verbindung zwischen Team und Fans ist.
Was ich vor meiner Abreise natürlich auf keinen Fall verpassen durfte, war der Golden Circle. Er
zeigte noch einmal all das von Islands Natur, was sie so besonders macht: Im Þingvellir-
Nationalpark trifft Geschichte auf Geologie – die Kontinentalspalte ist dort mit bloßem Auge
sichtbar. Im Geysirgebiet schießt Strokkur im Minutentakt heißes Wasser in den Himmel, und der
mächtige Gullfoss-Wasserfall stürzt in zwei Stufen tosend in die Tiefe. Besonders abends, im
goldenen Licht, war die Landschaft einfach wunderschön.
Nach dem Abschied von Daði und seiner Familie kehrte ich nun also zurück nach Egilsstaðir. Dort
besuchte ich noch einmal ein Basketballtraining – diesmal mit einem Coach, der sowohl die
Kleinsten als auch Profis betreut. Sie kommen aus verschiedenen Ländern extra hierher zum spielen
- In einem Ort, kleiner als Leipzigs Stadtteile! Nochmal ein guter Abschluss, der zeigt: Island hat
trotz der gerade mal 400.000 Einwohner eine beeindruckende Sportlandschaft. Von der man viel
lernen kann!
Zurück nach Leipzig:
Nach 16 Tagen auf der Insel geht es nun wieder nach Hause. Ich schaue so gerne auf die letzten
Wochen zurück, aber freue mich auch wieder auf Leipzig, den Verein und bald selber wieder Rollen
zu wechseln und als Kindertrainerin aktiv zu werden.
Außerdem würde ich gerne allen Interessierten mehr von dem Besuch erzählen. Gerne auch mit
Tipps, wie ihr euch selber mit eurer Position im Verein auf ein „Erasmus + Sport“ - Stipendium
bewerben könnt! Vielleicht backe ich dazu ein paar isländische Kanilsnúðar? Oder baue eine Skyr -
Bar auf? Infos dazu folgen bald!!
Eure Tilla :)

Messeprojekt
NOKERA Plannings GmbH
U.S. ELEKTRIK
Förderung durch Stadt Leipzig, Amt für Sport
Förderung durch SAB Sachsen